Der sogenannte Bierpinsel (mit dem Turmrestaurant Steglitz) ist ein 47 Meter hohes Gebäude in futuristisch anmutender Poparchitektur der 1970er Jahre im Berliner Ortsteil Steglitz. Die volkstümliche Benennung entstammt dem Berliner Volksmund; die Assoziation der Architekten, die den Bau entwarfen, war ein Baum. Seit Januar 2017 steht der Bau unter Denkmalschutz. Das am 13. Oktober 1976 eröffnete Turmrestaurant Steglitz ist ein 47 Meter hoher Turm mit aufgesetztem Mehreckbau nebst Treppenturm. Das Gebäude wurde zwischen 1972 und 1976 nach Plänen der Architekten Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte erbaut, die auch das ICC Berlin entwarfen. Es ist in die Joachim-Tiburtius-Brücke integriert, die an dieser Stelle die Steglitzer Schloßstraße am Franz-Amrehn-Platz in Form einer Schnellstraße überspannt. Ziel der Entwürfe von Schüler und Schüler-Witte war es, den dominanten Charakter der Hochstraße, die als südöstliche Verlängerung der Schildhornstraße angelegt wurde, zu mildern und diese in Kombination mit dem Turmbau in die gewachsene Stadtstruktur einzubinden. Einmalig ist hierbei die einheitliche Gestaltung vom Untergrund, in Form der beiden übereinanderliegenden Bahnsteige des U-Bahnhofs Schloßstraße, bis zum Turm über den Straßen der Stadt. Gestaltendes Mittel war beim gesamten Gebäudekomplex der Sichtbeton mit roten Kunststoffverkleidungen bzw. Anstrichen. Er ist Teil der Pop-Art-Strömung und eines von wenigen architektonischen Kunstprodukten, das aus den 1970er Jahren erhalten blieb. Den volkstümlichen Namen Bierpinsel, ein klassischer Berolinismus, der auch als Beschriftung am Turmgebäude angebracht ist, gaben ihm die Berliner bereits während seiner Bauzeit, angeregt durch das rasierpinselähnliche Aussehen der in den Himmel ragenden Stahlträger des Tragwerks sowie der geplanten gastronomischen Verwendung. Der Bierpinsel zählt zu den Landmarken von Steglitz. Der als „Pleitebau“ geltende Bierpinsel stand zunächst leer und es gestaltete sich schwierig, einen Pächter zu finden. Erst Mitte 1976 fand sich ein Berliner Geschäftsmann, der (zunächst mit zwei Partnern) bis 1980 erfolgreich im untersten Stockwerk ein Bier- und Weingewölbe, im zweiten Geschoss das Bierpinsel-Steakhaus mit einer der ersten Salatbars in Deutschland sowie im dritten Stock das große Turm-Café auf zwei Ebenen betrieb. In einem obersten vierten Stockwerk befanden sich Verwaltungs- und Lagerräume. Im Turm-Café wurde die wöchentliche Radiosendung Zweites Frühstück mit John Hendrik vom RIAS aufgezeichnet und eine Woche später gesendet. Im Jahr 1980 erwarb die Wienerwald-Kette den Bierpinsel als Ergänzung zu ihrem Tourotel (heute: Best Western-Steglitz International) am Ende der Schloßstraße. Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Bierpinsel steht, ist das Land Berlin. Die jeweiligen Käufer des Gebäudes müssen mit dem Land Berlin einen Erbbauvertrag abschließen. In den darauffolgenden Jahren konnte sich kein Betrieb lange halten und die Besitzer des Gebäudes wechselten häufig. Außen und innen bestand an dem Gebäude mittlerweile erheblicher Instandhaltungs- und Modernisierungsbedarf; 2002 wurde der Bierpinsel deswegen vorübergehend geschlossen. Von Februar 2003 bis März 2006 befanden sich eine Diskothek und eine Sport-Bar in dem Gebäude. 2010 / 2011 wurde die Fassade von internationalen Streetart-Künstlern neu gestaltet. Im August 2017 wurde das Objekt auf der Website von Sotheby’s zum Erwerb für 3,2 Millionen Euro angeboten. Die Immoma-Gruppe hat das Gebäude im September 2021 erworben. Das Unternehmen will den Bierpinsel für Büros nutzen und plant im Erdgeschoss einen öffentlichen Event- und Gastronomiebereich.

 

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